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Parameterschätzung in eindimensionalen Modellen
für instationäre Strömung in Dieseleinspritzsystemen

Wolfgang Egartner
Technische Universität Graz

Dissertation, Mai 1996

Kurzfassung

Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind hydraulische und mechanische Vorgänge in Leitungen und Drosseln, wie sie bei der Kraftstoffeinspritzung für direkteinspritzende Dieselmotoren vorkommen. Anhand von Experimenten und Rechnungen mit der Methode der Parameterschätzung werden Informationen über Strömungseigenschaften gewonnen und die betreffenden physikalischen Modelle weiterentwickelt.

Die untersuchten Vorgänge sind hochdynamischer Natur. So wird etwa im Fall eines PKW-Motors der Kraftstoff meist in kaum mehr als einer Millisekunde auf über 1000 bar komprimiert, wobei ca. 50 mm3 Flüssigkeitsvolumen in die Brennkammer eingespritzt wird.

Für die Rechnung werden eindimensionale Modelle eingesetzt, da die Vorstellung, daß sich das strömende Medium entlang eines «Fadens» durch den Strömungskanal bewegt («Stromfadentheorie») das Verhalten des Systems sehr gut wiedergibt. Entlang dieses Fadens wird die einzige räumliche Koordinate gelegt, wobei die Strömung an jedem Punkt durch Geschwindigkeitswert und thermodynamischen Zustand (Druck, Dichte, Temperatur, innere Energie) charakterisiert wird.

Bei der Auswahl der Modelle wurde vor allem darauf Wert gelegt, daß alle in ihnen enthaltenen Parameter physikalisch interpretierbar sind. So werden etwa die Reibungsverluste einer laminaren Strömung durch die Viskosität des Mediums beschrieben oder die Verluste an Drosseln bei turbulenter Strömung durch konstante Widerstandsbeiwerte, die in einer physikalisch begründbaren Größenordnung liegen müssen. Auch das Auftreten von Kavitation ist in den Modellgleichungen eindeutig bestimmten Parametern zuzuordnen.

Da eindimensionale Modelle verwendet werden, sind sämtliche physikalischen Größen über den Strömungsquerschnitt gemittelte Werte. Die Tatsache, daß sie in der Realität infolge von Austauschprozessen (Masse, Impuls, Energie) ein bestimmtes Profil über den Querschnitt haben, wird in der eindimensionalen Darstellung durch Einführung zusätzlicher Parameter berücksichtigt.

Die Bedeutung der Parameter in diesen Modellen ist nicht nur darin zu sehen, daß sie wichtige Daten für neu auszulegende Systeme darstellen, sondern es folgen aus ihnen direkt Aussagen über physikalische Vorgänge. So trägt etwa das Auftreten von Kavitation in Einspritzdüsen --- nach Meinung von Fachleuten --- wesentlich zur Kraftstoffzerstäubung und damit zur Verbrennung bei. Die Zusammenhänge zwischen Kavitation, Zerstäubung und Verbrennung sind aber derzeit noch unerforscht.

Die Methode der Parameterschätzung wird angewandt, da die Parameter aufgrund ihres dynamischen Charakters nicht im Stationärversuch ermittelt werden können. Dabei sucht man jenen Parametersatz, mit dem vorhandene Meßdaten durch die Rechenergebnisse am besten approximiert werden.

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Strömung in der Leitung und in der Einspritzdüse. Dabei wird zunächst eine Reihe von Experimenten und Rechnungen durchgeführt, anhand derer die Verlustcharakteristiken verschiedener Drosselgeometrien bzw. das Strömungsverhalten in der Einspritzleitung getrennt voneinander untersucht werden.

Im Anschluß daran wird eine Methode vorgestellt, mit der man die Ergebnisse aus den beiden Versuchsreihen miteinander in Verbindung bringen kann. Dabei sieht man, daß die Resultate sehr gut übereinstimmen, woraus eine Gesamtdarstellung des Strömungsverhaltens der Strecke Einspritzleitung - Düsenhalter - Düsenkammer - Einspritzdüse gewonnen wird.

Auf diese Weise kann man aus den Druckmessungen entlang der Einspritzleitung recht genau die Einspritzmenge errechnen. Bei dieser Rechnung muß die kinematische Viskosität des Mediums unbedingt berücksichtigt werden, wobei sich herausstellt, daß der aus den Druckmessungen entlang der Leitung identifizierte Wert hiefür herangezogen werden kann.

Weiters wird ein Weg gezeigt, anhand dessen man die Länge des Düsenhalters bestimmen kann.

Auch der genaue zeitliche Verlauf der Strömungsgeschwindigkeit in der Einspritzdüse ist mit dieser Methode grundsätzlich bestimmbar, wenn auch aufgrund von Modellvereinfachungen nicht hinreichend genau, um zu gesicherten Aussagen etwa über das Auftreten von Kavitation in den Spritzlöchern zu gelangen. Es gibt aber deutliche Hinweise darauf, wie man das Strömungsmodell in dieser Hinsicht verfeinern kann.

Die Parameterschätzung erfolgt in dieser Arbeit durch Minimieren der Abweichung (Summe der Fehlerquadrate) des Rechenergebnisses von Daten, die am Pumpenprüfstand gemessen wurden. Dazu wurde die Implementierung des Levenberg-Marquardt-Algorithmus aus der FORTRAN-Programmbibliothek MINPACK herangezogen.

Für die Lösung des Partiellen Differentialgleichungssystems zur Berechnung der instationären Strömung in der Leitung wird ein spezielles Verfahren verwendet, das die analytische Lösung dieses Systems in sehr effizienter Weise approximiert. Anhand vergleichender Tests mit einem Standardverfahren (Charakteristikenmethode) wurde festgestellt, daß dieses Verfahren für die meisten auftretenden Problemstellungen hinreichend genau ist.

Weiters wurden einige Rechnungen anhand eines Finiten Differenzenverfahrens durchgeführt, mit der auch ein erweitertes Modell gerechnet werden kann (Godunov-Methode). Durch diese Rechnungen konnte unter anderem die Zulässigkeit einer Modellvereinfachung überprüft werden.

Die in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse beinhalten einerseits Erkenntnisse über die Natur der untersuchten Strömungsphänomene, andererseits haben sie auch zur Weiterentwicklung der physikalischen Modelle geführt. Dies ist ein Weg, der fortgesetzt werden kann, wozu an einigen Stellen konkrete Hinweise gegeben werden.